LEBENSLÄUFE

Meine Damen, starten Sie die Motoren

Von David Hacker
(Übersetzung von Otto Strasser, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.)

Automobile sind, so wie die holde Weiblichkeit (und einige Herren der Schöpfung, um fair zu sein), oft Wunschobjekte. Etwas unterscheidet die beiden jedoch grundsätzlich: Mit fortschreitendem Alter büßen die Damen zunehmend die physischen Reize Ihrer Erscheinung ein; Automobile hingegen erscheinen uns noch begehrenswerter, wenn sie den Status einer Antiquität bzw. eines Klassik-Fahrzeuges erreichen.

Regelmäßige Wartung bzw. Restaurierung vorausgesetzt.

Als Mann stehe ich sicher nicht alleine da, mit meiner Bewunderung und Anerkennung für beide - Frauen und Automobile, ungeachtet von Falten, Rostbesatz, erschlaffenden Partien und Beulen.

Ich möchte an dieser Stelle klar festhalten, dass die faszinierendsten Persönlichkeiten, denen ich im Laufe meiner ausgedehnten Reisetätigkeit in der Welt alter Fahrzeuge kennen lernen durfte, weiblich sind. So begegnete ich kürzlich Jaqueline Shinners. Kuratorin des "Dennos" Museums (siehe Seite 8), deren Werbung in der Ausstellung  "Art and the Automobile" aufschlussreich, unterhaltend, leicht verständlich und faszinierend ist.

Dieser zeitgenössische Excalibur orientiert sich am Design des Mercedes-Benz SSK, Jahrgang 1928.

Der einzige Rennpilot, dem ich begegnete, war eine Frau, Donna Mae Mims, eine Sportwagen-Rennfahrerin aus  Pittsburgh, Pa., die in einer rosa Wolke – d.h. rosa Fahrzeug, rosa Bekleidung und, wenn ich mich recht entsinne, auch rosa Parfüm - um die Rennpisten donnerte. Ich habe über Donna Mae einen Artikel verfasst, ungefähr zur selben Zeit, als Denise McCluggage mit ihrem Sieg an der Rally Monte Carlo die Rennstrecken Europas zum Glühen brachte.

Dann war da noch Shirley Muldowney, die dem Drag Race Rennfahrer Don "Big Daddy" Garlitz auf der Viertelmeilenpiste bei über 320 km/h mit quietschenden Reifen und heulenden Motoren einheizte. Und wer könnte schon den Umbruch der Serie Indy 500 vergessen, verursacht durch  die Teilnahme der Fahrerinnen Janet Guthrie und Lyn St. James?

Kurz bevor ich Shinners begegnete, traf ich Alice Preston (50), Kuratorin der "Brooks Stevens Automobilsammlung" in Mequon, einem Vorort von Milwaukee, Wisc. Sie ist in ihrer Person an sich  schon ein "Klassiker".

Vor zweiunddreißig Jahren war Alice mit 18 Jahren Kfz-Lehrling in einer Autowerkstatt, wechselte an den Fahrzeugen das Öl, schraubte an Motoren herum und entwickelte eine Liebe zu einer Berufslaufbahn und einem Hobby in diesem, hauptsächlich von Männern dominierten, Metier.

Ein Arbeitskollege in der Werkstatt, welcher später auch ihr Ehemann werden sollte, hat es arrangiert, dass Alice bei Brooks Stevens - schon zu jener Zeit ein bekannter Industrieller, Autodesigner und Rennwagen-Enthusiast in Milwaukee - arbeiten konnte. Der Rest ist, wie man so sagt, "Geschichte".

"Ich liebe es, schnell zu fahren", sagt sie. Automobile, Motorräder..."

Alice wuchs auf einer Farm in Wisconsin auf, wo sie sich die Fähigkeit und das Fachwissen für Reparaturen von Maschinen aneignete. "Ich zerlegte dauernd irgendwelche Dinge, um herauszufinden, wie sie funktionieren", gestand mir Alice anlässlich eines November-Besuchs im Museum von Wisconsin.

Als Teenager, sagt Alice, hat sie auf einer Farm in der Nähe von "Beaver Dam" gelebt. Ein benachbarter Farmer, welcher einen Ford Sedan Jahrgang 1942 auf freiem Feld vergammeln ließ, sagte zu Alice: "Wenn Du ihn zum Laufen bringst, kannst Du ihn behalten!"

Seit Excalibur auf dem Markt ist, und ich einen Blick drauf werfen konnte, begehre ich ihn. Nur gut, dass ich mit Geduld gesegnet bin.

Es sollte beinahe 30 Jahre dauern, bis sich für mich die Gelegenheit ergab, hinter dem Lenkrad eines Excalibur Platz zu nehmen - und auch dann waren lediglich meine Gedanken in Bewegung, der Excalibur war es leider nicht...


Kurz entschlossen hackte Alice ein Bäumchen um, das von unten durch den Motorraum wuchs die Motorhaube abgehoben hatte und bastelte drei Wochen lang am Motor herum, bis sie ihn schlussendlich zum Laufen brachte.

Dies war ihr erster Wagen und seitdem hat Alice nie mehr zurück geschaut. Ihr Blick ist immer nach vorne gerichtet und verweilt nicht im Rückspiegel.

Ich habe ein zweistündiges Interview mit Alice auf Video aufgezeichnet, in dem sie mir von Brooks Stevens erzählte und mit mir einen Rundgang durch das Museum absolvierte.

(Ich habe vor, diese Aufzeichnung auf eine einstündige Sendung zusammen zu schneiden und diese dann im Kabelkanal von Traverse City TCTV2 auszustrahlen)

Zwar ist Brooks Stevens der  breiten Öffentlichkeit als Schöpfer des Excalibur  ein Begriff – ein sportlicher, mit langer Motorhaube ausgestatteter, zeitgenössischer Klassiker, dessen Design sich am Mercedes Benz SSK aus dem Jahre 1928 orientiert. Die meiste Zeit seiner Karriere als Industriedesigner befasste er sich jedoch mit ganz anderen Objekten, wie z.B. pastellfarbenen Küchengeräten, Wäschetrocknern, bunten Kochtöpfen, Oscar Meyers "Würstchenmobil", dem Willys Jeepster. Des weiteren beeinflusste maritime Konstruktionen (einschließlich der flotten Gestaltung der Evinrude Außenbordmotoren). Er zeichnet des weiteren  verantwortlich für das Erdnussbutterglas mit weiter Öffnung, den Prototyp der nationalen Wohnmobilindustrie, welcher die Wohnfahrzeuge revolutionierte, das Erscheinungsbild der modernen Harley Davidson Motorräder und das Logo auf den Bierflaschen der Miller Brauerei Milwaukee.

Als Stevens 1995 im Alter von 83 Jahren starb, war er längst schon zu einer Einmann-Industrierevolution geworden. Sein Werk produzierte zwischen den 60'er und 80'er Jahren nahezu 3'000 Einheiten des klassischen Excalibur. "Sie sind so solide gebaut, dass die meisten noch heute gefahren werden", meint Alice.

"Sollte dieser Wagen heutzutage auf einen Lastwagen prallen," - sagt Alice, dabei mit einem Knöchel auf das Chassis klopfend – "würde dieser den ganzen Schaden abbekommen; so überdimensioniert sind diese Autos."

Seit Excalibur auf dem Markt ist, und ich einen Blick drauf werfen konnte, begehre ich ihn. Nur gut, dass ich mit Geduld gesegnet bin. Es sollte  beinahe 30 Jahre dauern, bis sich für mich die Gelegenheit ergab, hinter dem Lenkrad eines Excalibur Platz zu nehmen - und auch dann waren lediglich meine Gedanken in Bewegung, der Excalibur war es leider nicht...

"Ich verkauf ihn Dir" - grinste Alice, dabei sanft den Kotflügel des weißen Excalibur Serie III, Jahrgang 1973 tätschelnd. Er kostete "nur" 24'900 Dollar und war nur knapp 13'000 km gelaufen. Fürwahr ein Schnäppchen, aber nicht so sehr wie mein erstes  Fahrzeug aus der Jugendzeit, welcher meine Leidenschaft zu Automobilen weckte.

Dies war ein Plymouth Roadster, Jahrgang 1932, der mich ganze 30 Dollar kostete. Jahrelang hing ein Bild dieses Roadstermodells über meinem Schreibtisch. Der Roadster brachte mich im Sommer 1944  während meiner Zeit als Anwalt von meinem Zuhause in Wyandotte bis nach Camp Algonquin bei  Burt Lake in der Nähe von  Indian River. Es war ein Cabriolet mit steckbaren Seitenteilen und einem Notsitz ("Schwiegermuttersitz"). In jenem Sommer war der Wagen eine bekannte Erscheinung in der Gegend von Petoskey, Harbor Springs und Charlevoix, als aufgrund des Zweiten Weltkrieges und der damit verbundenen Treibstoffknappheit nur wenige Fahrzeuge auf den Straßen zirkulierten.

Während Jahren habe ich die Zeitschrift " Hemmings Motor News" studiert, in der Hoffnung, einen zum Verkauf angebotenen Plymouth Roadster 1932 zu finden. Dem war jedoch kein Erflog beschieden, mir blieben weiterhin nur die Erinnerungen an vergangene Zeiten.

Aber halt!

Anfang dieses Jahres kündigte Chrysler den Plymouth Prowler an. Dies war das erste Fahrzeug aus der Plymouthproduktion, welches das Flair meines kleinen 32'er Plymouth Roadster auszustrahlen schien. Sportlich, individuell.

Mein Verlangen regte sich, als Chevrolet 1953 die Corvette vorstellte und auch als 1955 Ford den Thunderbird herausbrachte, aber meine Brieftasche war für beide Autos viel zu dünn. 1984 erstand ich einen Pontiac Fiero. Aber schnell lernte ich, dass dieser ein Fahrzeug war, in das – wie meine Gattin Barbara zu sagen pflegte – "man nicht einstieg sondern es sich anzog wie z.B. einen Handschuh".

Nun ja, auch der Prowler mag wiederum nicht die Antwort sein. Er wird nicht vor 1997 verfügbar sein, dafür besteht jedoch heute noch keine Gewähr. Des weiteren hat mich ein Verkäufer von Bill Marsh wissen lassen, dass eine Auflage von nur 1'100 Einheiten geplant sei und für Traverse City kein Kontingent vorgesehen sei.

Der Prowler ähnelt mehr einem Straßen-Hotrod, eine glatte, geschmeidige, stilisierte Variante dieser plumpen alten, mit Brennschneider, Spenglerwerkzeugen umgebauten Fahrzeuge, die mit leistungsstarken modernen Motoren ausgestattet und mit schriller, modischer Lackierung versehen sind, so dass sie aussehen wie ein "Dienstwagen" von John Dillinger, auf einem seiner täglichen Bankraubzüge.

Nein danke! Außerdem beläuft sich der Verkaufspreis des Prowler auf ca. 35'000 Dollar.

Alice – wenn Du für jenen Excalibur nur ein paar Tausender Nachlass gewähren würdest…